GANZ ODER GAR NICHT

Vor kurzem durfte ich eine intensive, eine sehr intensive Erfahrung machen, die ich umso länger ich darüber nachdenke umso lieber mit dir im Blog teilen möchte.

Wie du vielleicht weißt, ist mein großer Traum viele Menschen mit meinen Geschichten und Botschaften zu erreichen, damit sie auch selbst den Mut fassen sich größer zu denken. Neu zu denken. Mutig Neues zu wagen und sich auf die spannende Reise des eigenen Werdens zu begeben. Wir sind ja immer auf der Reise. Ein Human Becoming. Und somit einer steten Reise zu sich selbst.

Bei der es – zumindest sehe ich es heute so – viel mehr darum geht, alles loszulassen wer wir nicht sind, anstatt ständig zu versuchen mehr zu sein. Anders zu sein. Jemand anderes zu sein als wir eigentlich sind.

Wie wär es denn statt ständig noch mehr sein zu wollen, endlich das sein zu sein wer wir sind. Wer wir tatsächlich sind. Hundert Prozent Du. Hundert Prozent deine wahre Essenz. Endlich Sein, statt Schein. Ohne Maske.

Vor drei Wochen hatte ich mehrfach Bühnenerfahrung. Sehr intensive zum Masken fallen lassen. Und von der möchte ich dir heute berichten. Genau genommen ging es dabei um meine Qualitäten als Speakerin auf der Bühne. Ich halte viel davon von den Besten zu lernen um dann auf Basis deren Feedback mit meinen blinden Flecken zu arbeiten und mich zu verbessern. Bei diesen Bühnenerfahrungen ging es genau darum um zu performen, Feedback zu bekommen, wieder zu performen, wieder Feedback zu bekommen und so on. Um auf der Bühne besser zu werden. So dachte ich.

Ein kleiner Sidestep. Auf der Bühne – das habe ich schon mehrfach bewiesen – kann ich high performen. Ich kann Dramaturgie aufbauen. Ich kann am Punkt sein. Ich kann mein Publikum begeistern.  Ich kann Menschen zum Weinen bringen. Zum Lachen? Naja. Daran habe ich bis damals gezweifelt. Und jetzt wollte ich unbedingt lernen lustig zu sein.

Als ich meinen Freud:innen von meiner Erfahrung erzählte, mussten sie lachen. Sie sagten: „Leslie, du bist lustig. Richtig lustig sogar.“ Und lachten. Doch das weiß ich eigentlich erst seit kurzem. Nun zurück zum Thema.

Also ich wollte unbedingt lustiger werden. Meine Themen über die ich auf der Bühne spreche sind allerdings häufig nicht zum Lachen. Es geht um Krisen. Es geht ums hinfallen und aufstehen. Es geht um Resilienz. Es geht um Schmerz. Ja – du ahnst es bereits – da gibt es tatsächlich oft mehr zum Weinen als zum Lachen.

Vor Ort hatte ich dann bei einem großartigen Humortrainer folgendes Erlebnis: Ich performte vor ihm zum Thema Tod und Wachstum . Und dann sagte ich zu Marco: „Ja und jetzt würde ich gerne die Leute wieder rausholen aus dem Tal der Tränen. Die kann ich ja jetzt nicht weinend sitzen lassen.“ Als ich ihm meinen Vorschlag unterbreitete, wie ich das machen wollte, sah er mich fassungslos an. Ehrlicherweise hatte ich mir da etwas von einem anderen berühmten Speaker abgekuckt und dachte, dass das megacool wäre.  Marco fand es nicht so cool.

Denn Marco sagte mit geschocktem Blick:

„LESLIE, DAS ZU BEGINN, DAS WAR GROßARTIG. LESLIE DU HAST MICH GEFESSELT. DOCH WAS DANACH KAM, DAS BIST DU NICHT. DU BIST KEINE TANZMAUS. DU BIST DAS LICHT, DAS DURCH DIE DUNKELHEIT FÜHRT.“

Das hat mich zum Nachdenken gebracht. Aha – ich bin keine Tanzmaus. Ok. Dann überleg ich mir was Neues für die Speech… und ich tat es tatsächlich. Ich änderte meine Speech und die war alles andere als lustig, doch sie überzeugt die Jury. Ich war stolz. Marco den ich extra gebeten hatte, mir Feedback zu geben, war stolz. Yesss – so mag ich das.

Du denkst jetzt vielleicht, das wars schon? Nein. Jetzt kommt die zweite Erfahrung dazu. Und die hat dann tatsächlich alles verändert.

Anderes Setting, anderer Coach. Genau genommen Coachin. Eine der Besten wie ich finde – seither.

Nun zum Setting: Bühne mit schwarzem Hintergrund. Weißes helles Licht, mitten im Gesicht. Die Aufgabenstellung war simpel und dramatisch zugleich. Du hast zweieinhalb Minuten Zeit. Bring dein Publikum zum Weinen.

Und was dachte ich: „Oh yeah! Das ist meine Disziplin. Das kann ich.“

Nur wusste keiner der 25 Speaker:innen im Raum wer als Erste:r dran sein würde. Sprich deine Zeit zum Nachdenken war gering. Meine war – Null! Denn bevor ich noch nachdenken konnte, wie ich mein Publikum zum Weinen bringen, ging der Finger in meine Richtung: „Leslie, du beginnst.“

Okay. Gut. Dann eben nicht nachdenken. Und wenn du halt keine Zeit hast nachzudenken, bist du sofort in der Emotion. In meinem Fall, war ich sofort bei einer meiner emotionalsten Storys überhaupt. Der Moment in dem ich mich – obwohl ich es nicht wusste – von meiner Mama zum letzten Mal verabschiedete. Der Moment in dem sie mir das letzte Mal sagte, dass sie mich lieb habe. Der Moment bevor sie starb. Ein heilsamer wie ich dir sagen kann.

Auf der Bühne konnte ich aufgrund des hellen Lichtes in meinem Gesicht das Publikum nur sehr schemenhaft wahrnehmen. Das weiße Licht war notwendig, damit das Publikum und die Jury die Gesichtszüge und Mimik genauestens wahrnehmen konnte. Ein weißes Licht verbirgt nichts. Jede kleinste Bewegung wird dadurch sichtbar.

Nun ja. Also ich konnte mein Publikum nicht wirklich sehen. Vielleicht lag es auch daran, dass ich ab der ersten Sekunde fast weinte und ich noch nie so offen und emotional diese Erfahrung vor Menschen geteilt habe in einem Bühnensetting. Ich weiß es nicht. Doch ich habe gebebt. Ich habe geweint. Manchmal blieb mir die Luft weg und ich konnte kaum sprechen. Ich war zu 100 % ich. Nichts high performed. Nichts am Punkt. Einfach Leslie in 100 % Essenz. Als die zweieinhalb Minuten um waren, ging das helle Licht aus.

Ich wischte meine Tränen ab und als ich mein Publikum nach diesem Seelenstriptease sah, war es als wäre ich eins mit dem Publikum. Alles waren am weinen. Alle waren zutiefst berührt. Es war als wären sie mein Spiegel. Ich konnte es kaum fassen. Und obwohl ich gerade eine wahrhaft zutiefst emotionale Situation durchlebt hatte auf der Bühne, so sicher und getragen fühlte ich mich in dem Moment.

GIBST DU DICH GANZ, LIFE IS A BEACH.
HÄLTST DU ETWAS ZURÜCK, LIFE IS A BITCH.

Genau das, sagte Kerstin, unsere Coachin zu uns in der Vorbereitung auf diese Bühnenerfahrung. Erst jetzt verstand ich ihre Worte. Dein soziales Umfeld spürt immer, wenn du nicht 100% du bist oder wenn du versuchst etwas zu sein, der/die du nicht bist. Und dabei ist es egal ob es um deine Beziehungen, deine Arbeit oder die Bühne geht.

Wenn du beispielsweise nur 80 % gibst, dann ist das für deine Mitmenschen ist es so, als ob du die restlichen 20 % Lügen würdest. Selbst wenn du das nicht tust. Und weil es für das Außen spürbar ist, halten deine Mitmenschen und das Leben auch etwas vor dir zurück. Fülle wird somit unmöglich.

Gib dich ganz. Mit all den Ecken und Kanten. Mit all dem was du bist. Genau das war mein Learning aus dieser Erfahrung. Und ich habe beschlossen noch mehr Leslie zu sein. Auf der Bühne, im Podcast, im Blog und in all meinen Beziehungen.

Und stell dir vor. Das Beste kommt jetzt. Letzte Woche hatte ich schon mehrfach Bühnen um die neue Leslie – also die ganze Leslie – zum Vorschein zu bringen. Und ohne, dass ich diese Erfahrung geteilt, wie hier im Blog, bekam ich folgendes Feedback von einer Teilnehmerin, die mich schon oft auf der Bühne erlebt hat:

„LESLIE, ICH WEIß NICHT WAS ES IST.
DOCH IRGENDWAS IST ANDERS AN DIR.
ICH FINDE ES TOLL.“

Na was glaubst du, wie sehr ich mich gefreut habe. Und nun so hoffe ich, konnte ich dir Mut zusprechen. Mutig du selbst zu sein. Dich zu zeigen wie du bist. Denn so wie du bist bist du gut. Du bist mehr als gut und 100% ausreichend. Mit allem drum und dran. Und vor allem wegen dem drum und dran.